Monat: März 2022

  • Super Troopers und der Reiz der Kiffer-Komödie

    Es gibt Filme, die entfalten ihre volle Wirkung erst, wenn das Setting stimmt. Sie verlangen nach einer fetten Soundanlage, einem Fernseher mit abermillionen Pixeln oder aber nach einer süßlichen Rauchschwade im Zimmer. Zumindest für einige Leute sind Cannabisprodukte vor allem eine Gelegenheit, sich auf der gemütlichen Couch breitzumachen und die jederzeit griffbereiten Snacks einzuatmen. Nur welchen Film soll man sich anschauen, sobald die Sinne neue Sphären erreicht haben? Die Filmbranche hat dieses sehr spezielle Bedürfnis schon vor längerer Zeit entdeckt und für ihr vernebeltes Klientel ein spezielles Sub-Genre entwickelt: Die Kiffer-Komödie!

    Harold und Kumar, Ananas Express, The Big Lebowski, Lammbock oder Ted sind nur einige bekannte Vertreter. Natürlich funktionieren diese Filme auch völlig nüchtern, doch dürfte es ein offenes Geheimnis sein, das sie auch andere Ansehszenarien unterstützen. Die typische Kiffer-Komödie stellt meistens regelmäßige Cannabis-Konsumenten in den Vordergrund, erzählt von einer abstrusen Abfolge von Ereignissen oder besitzt einen Humor, der diesen Tick Wahnsinn in sich trägt. Die wirklich guten Marihuana-Streifen produzieren unzählige Running-Gags und entwickeln einen regelrechten Kult um sich. Sie werden immer wieder angeschaut und haben eine treue Fangemeinde hinter sich. Als das gilt auch für Super Troopers – zumindest in der Theorie. In dieser Folge des Filmmagazins sprechen wir über den Film und darüber, warum er keine gute Kiffer-Komödie ist.

    Super lame, Super 2002, Super erfolgreich

    Dass wir den Film für misslungen halten, ist keine Außenseiter-Meinung. Zur weltweiten Veröffentlichung im Jahr 2002 war sich die Presse ziemlich einig, dass wir es mit einer platten Comedy voller Plattitüden und mäßig witzigen Einfällen zu tun haben. Die Hamburger Morgenpost schrieb sogar vom heißen Anwärter auf den „schlechtesten Film des Jahres“. Bei Rotten Tomatoes liegt der Kritiker-Score bei mageren 36 Prozent. Die Zuschauer*innen sahen das ein bisschen anders. Hier liegt der Score bei 90 Prozent. An den Kinokassen und besonders auf dem VHS- und DVD-Markt spielte die Low-Budget-Produktion mehrere Millionen US-Dollar ein. Szenen wie der Miau-Sketch aus dem Film sind vielleicht sogar bekannter als der Film selbst.

    Hinter dem Film steckt die Comedy-Truppe Broken Lizard, die in Deutschland wohl nur die wenigsten kennen dürften. Neben Super Troopers drehte das fünfköpfige Team noch weitere Komödie wie Beerfest oder Club Dread. Ihre erfolgreichste Unternehmung ist aber ohne Zweifel Super Troopers. Die Geschichte um inkompetente Bundesstaatspolizisten, die am liebsten Autofahrer*innen hinters Licht führen, hat trotz vieler inhaltlicher Schwächen scheinbar einen Nerv beim Publikum getroffen. Die vielen diskriminierenden Witze und fehlende Figurendynamik scheinen dem Film genauso wenig geschadet zu haben, wie der Fakt, das bis auf Brian Cox kaum ein bekanntes Schauspielgesicht auftritt. Ob der Film vor allem der Kiffer-Kultur seinen Erfolg zu verdanken hat? Das lässt sich nur vermuten. Vielleicht kam der Film aber auch einfach genau zur richtigen Zeit.

    Für Feedback und Anregungen, kommentiert gern auf unserer Seite, schreibt uns eine Mail oder twittert und an @das_filmmagazin.

    Shownotes

    Aktion Deutschland Hilft – Spenden für die Nothilfe Ukraine

    Esquire: Broken Lizard on the Crowdfunded Super Troopers Sequel and Their Drug Stories

    Collider: Why ‘Super Troopers’ Is the Most Unusual Comedy of the Last 15 Years

    Youtube: Thomas DeCoud – SportsCenter (LIVE) – „Meow“ Game

    Burlington Free Press: Super Troopers speak: Why they picked Vermont and why the sequel took so long

    San Francisco Chronicle: Cult comedy ‘Super Troopers’ rises to the challenge of delivering a sequel

    The Atlantic: The Subversive History of Stoner Comedies

    Slate: Leisure and Innocence

  • Wie gefährlich ist Binge-Watching?

    Ihr kennt das. Netflix an und los. 3 Folgen? 4? Die ganze Staffel? Manchmal gibt’s einfach kein Halten mehr. Wer will schon gern eine ganze Woche auf eine neue Folge warten, wenn man die aktuelle Staffel der Lieblingsserie auch an einem Tag schauen kann? Doch Binge-Watching bringt Probleme für die Stories mit sich und kann sogar gesundheitliche Folgen haben. Darum gehts in dieser Filmmagazin-Episode.

    Den Genuss verdorben?

    Zuallererst wirkt sich Binge-Watching natürlich auf die Zeit aus, die wir mit einer Geschichte und den Figuren darin verbringen. Natürlich ist es rein rechnerisch egal, ob wir drei mal 60 Minuten kurz hintereinander schauen, oder im Abstand von einer Woche. Es bleiben insgesamt 180 Minuten. Doch für unser Erleben und auch für unsere Erinnerungen an das Gesehene macht es tatsächlich einen Unterschied. Studien haben gezeigt, dass wir uns Dinge langfristig besser merken können, wenn wir sie über einen längeren Zeitraum hinweg konsumieren. Außerdem tendieren wir dazu, uns auch in der Zwischenzeit – zwischen zwei Episoden – mit dem Gesehenen zu beschäftigen. Auch das wirkt sich stark auf das „Nutzungserlebnis“ von Serien aus. Die Frage steht also im Raum: Verdirbt uns Binge-Watching das Serien-Erlebnis?

    Müssen wir Angst vor Binge-Watching haben?

    Die Wahrheit ist: Wir sind ganz schön anfällig für’s Hintereinander-Wegschauen. Zuallererst lieben wir es, in andere Welten hineingezogen zu werden. Wird eine tolle Geschichte erzählt, sind wir dabei. Und es gibt kaum etwas, das mehr zufrieden stellt, als direkt nach einem Cliffhanger, weiter schauen zu können. Und wenn wir uns dann noch mit einer oder mehreren Figuren identifizieren können – umso besser. Dass wir manchmal sogar das Gefühl haben, wir könnten gut und gerne mit dem ein oder anderen Charakter aus Serie XY befreundet sein, kommt nicht von ungefähr. Psycholog*innen sagen, dass – egal, ob wir etwas tatsächlich erleben oder „nur“ auf dem Bildschirm schauen – die gleichen Hirn-Areale angesprochen werden. Außerdem produzieren wir beim Binge-Watching Dopamin. Das löst im Körper eine Belohnungsreaktion aus, die wir am liebsten so häufig wie möglich wiederholen würden. Dies sei auf Dauer durchaus mit anderen Suchtauslösern vergleichbar.

    Doch die Suchtgefahr ist nicht das einzige Problem. Einige Studien wollen sogar herausgefunden haben, dass zu viel Bildschirmzeit die Lebenszeit verkürzt und das Risiko für bestimmte Krankheiten durchaus erhöht. Aber sollten wir es deshalb jetzt ganz vermeiden, zu viele Serien am Stück zu schauen? Einige alarmirische Posts, Artikel und Videos im Internet behaupten das jedenfalls. Ob hier häufiger mal Kausalität mit Korrelation verwechselt wird? Wir sprechen darüber im Podcast.

    Verantwortungsvoll Content konsumieren

    Ja lame. Hier ist er wieder – der erhobene Zeigefinger. Netflix, Amazon und andere Streaming-Anbieter haben meist ein klares Ziel: Die Verweildauer auf der Plattform zu erhöhen, dadurch (zahlende) Nutzer*innen zu binden und immer mehr zu wachsen. Viel zu oft ist die einzige „Konkurrenz“, die solche Medienangebote haben, unsere Schlafenszeit. Und die ist eigentlich ziemlich wichtig für unsere Gesundheit. Aber um hier nicht selbst ständig den Teufel an die Wand zu malen: Binge-Watching kann auch eine Ausflucht bzw. ein regelrechtes „Bollwerk“ gegen Stress sein. Tauchen wir für ein paar Stunden in eine Serie ein, können wir dem Alltagsstress wenigstens kurz entfliehen.

    Am Ende kommt es auf uns selbst an, wie viel Zeit wir dem Medien- (und Serienkonsum) einräumen wollen. Dabei kann es sicher nicht schaden, sich selbst Grenzen zu setzen und kleine Rituale oder Regeln zu etablieren. Nur zwei Folgen pro Woche. Jeden Sonntag in der Badewanne eine neue Episode. Pro geschauter Folge ein kurzer Spaziergang. Schaden wird das auf keinen Fall. Genauso wie es nicht schadet, unseren Podcast zu abonnieren. Versprochen!

    Für Feedback und Anregungen, kommentiert gern auf unserer Seite, schreibt uns eine Mail oder twittert und an @das_filmmagazin.

    Shownotes

    Aktion Deutschland Hilft – Spenden für die Nothilfe Ukraine

    NBC News: What happens to your brain when you binge-watch a TV series

    Psychology Today: Why You Should Stop Binge-Watching

    Medium: You Need to Stop Binge-Watching Right Away

    Cinéaste: RETHINKING TELEVISION: A Critical Symposium on the New Age of Episodic Narrative Storytelling

    CNET: I quit watching movies and TV shows I don’t like. Why you should too